Wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen möchte und in psychischer Behandlung war, ist oder es plant, wird von Versicherern oft abgelehnt. Berufsunfähigkeitsversicherung und Psychotherapie in einem Satz lässt jeden Risikoprüfer bei der Versicherung aufhorchen. In diesem Experten-Artikel zeigen wir dir, wie du trotz psychischer Behandlung oder Erkrankung möglicherweise doch eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen kannst und welche Stolpersteine es auf dem Weg gibt, die du unbedingt vermeiden solltest.
Inhaltsübersicht
- Zahlt eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei psychischen Erkrankungen?
- Wieso ist Psychotherapie so häufig ein Grund für die Ablehnung der BU-Versicherung?
- Welche psychischen Erkrankungen muss ich bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung angeben?
- Meine Psychotherapie liegt drei Jahre zurück, muss ich das in meinem Antrag trotzdem angeben?
- Mein Antrag bzw. meine Risikovoranfrage wurde trotzdem abgelehnt, gibt es Alternativen?
- Fazit zu Berufsunfähigkeitsversicherung Psychotherapie
Zahlt eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei psychischen Erkrankungen?
Wenn du eine psychische Erkrankung hast und deinen zuletzt ausgeübten Beruf nur noch zu 50% oder weniger für einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten ausüben kannst, zahlt dir die Berufsunfähigkeitsversicherung die BU-Rente in der vereinbarten Höhe.
Wichtig ist hierbei, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung nur dann zahlt, wenn die psychische Erkrankung vor Abschluss der Versicherung im Abfragezeitraum nicht bestand, bzw. obwohl sie bekannt war, trotzdem von der Versicherung angenommen wurde.
Solltest du beim Antrag deiner BU-Versicherung Vorerkrankungen verschwiegen haben, kann der Versicherer die Leistungen im Falle einer Berufsunfähigkeit im schlimmsten Fall verweigern. Das Ganze nennt sich Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht.
Wieso ist Psychotherapie so häufig ein Grund für die Ablehnung der BU-Versicherung?
Berufsunfähigkeiten aufgrund von psychischen Erkrankungen nehmen jedes Jahr stetig zu. Unter anderen führen der ständige Stress und die immer höheren Anforderungen an die Arbeitnehmer bei immer mehr Menschen zu Problemen mit der mentalen Gesundheit.
Viele Menschen haben Probleme mit der Psyche
Laut einer Statistik des Robert Koch Instituts aus dem Jahr 2017 haben 11,3% der Frauen und 8,1% der Männer innerhalb eines Jahres psychotherapeutische oder psychiatrische Hilfe in Anspruch genommen. Hierbei wurden natürlich nur die Menschen erfasst, welche die Behandlung zugegeben haben. Da psychische Erkrankungen noch immer ein Tabuthema sind, wird die tatsächliche Zahl noch höher liegen.
Noch gravierender ist, dass einerseits nicht alle Menschen mit psychischen Problemen eine Behandlung in Anspruch nehmen und andererseits nicht alle Menschen, die eine Behandlung wollen, einen Therapieplatz bekommen.
Psychische Erkrankungen sind der häufigste Grund für Berufsunfähigkeit
Diese Zahlen werden auch durch die häufigsten Gründe für Berufsunfähigkeit bestätigt. Hier stehen schon seit Jahren psychische Erkrankungen auf dem 1. Platz. Mit 34,23% (Stand: 04/2024) betrifft mittlerweile mehr als jede Dritte Berufsunfähigkeit die Psyche. Und die Zahl wird weiter steigen. Zum Vergleich: Noch im Jahr 2010 lag der prozentuale Anteil für psychische Erkrankungen als Ursache für Berufsunfähigkeit bei weniger als 25%.
Da Versicherern das hohe Risiko bewusst ist, werden bei psychischen Vorerkrankungen die meisten Anträge für eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgelehnt. Und gerade deshalb ist es wichtig, seine Arbeitskraft mitsamt der Psyche frühzeitig gegen eine Berufsunfähigkeit abzusichern, noch bevor die Krankheit überhaupt entsteht. Das Gleiche gilt übrigens auch in der privaten Krankenversicherung.
Was gilt laut Versicherern als psychische Erkrankung?
Wichtig ist in der Regel, dass die psychische Erkrankung auch wirklich als Krankheit angesehen wird. Beispielweise wurde Burnout erst 2022 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell als Krankheit anerkannt. Zwar wurden auch schon viele Jahre vorher Berufsunfähigkeiten aufgrund von Burnout bewilligt, jedoch ist die Anerkennung bei einer offiziellen Krankheit deutlich einfacher. Die Liste stellt nur einen Ausschnitt möglicher psychischer Erkrankungen dar.
- Burnout
- Depression
- Angststörung
- Essstörung
- psychosomatische Störung
- Suizidversuch
- Borderline-Syndrom
- Autismus
- Bipolare Störung
- Posttraumatische Belastungsstörung
- Anpassungsstörung
- Zwangsstörung
- ADHS
Annahme mit Ausschluss Psyche
Sollte es trotz psychischer Vorerkrankung zur Annahme der Berufsunfähigkeitsversicherung kommen, schließen die Versicherer Leistungen bei Berufsunfähigkeit durch psychische Erkrankungen häufig aus. So zahlst du den vollen Beitrag für die Versicherung, hast jedoch für über 1/3 der Ursachen keinen Versicherungsschutz. Grundsätzlich besser als keinen Versicherungsschutz zu haben. Aber es geht möglicherweise auch ohne Ausschluss, dazu aber später mehr.
Welche psychischen Erkrankungen muss ich bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung angeben?
Grundsätzlich alle. Also auch, wenn man nur beim Arzt war und sich wegen Stress für ein paar Tage hat krankschreiben lassen. Aber auch, wenn man ein Erstgespräch beim Psychologen hatte und man danach nicht in Behandlung gegangen ist. Relevant ist hierbei, was in deiner Krankenakte vermerkt ist. Im Leistungsfall fordern viele Versicherer die Krankenakte an und überprüfen so, ob eine Leistungsverweigerung aufgrund von Falschangaben im Antrag möglich ist. Und hier sind die Versicherer zu 100% im Recht, denn es ist deine Pflicht, die Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß zu beantworten.
Beantragung einer BU-Versicherung nur mit Krankenakte
Wenn du dir unsicher sein solltest, was in deiner Krankenakte steht, kannst du diese ganz einfach und kostenlos bei deiner Krankenkasse anfordern. In unserer Beratung zur Berufsunfähigkeitsversicherung und auch zur privaten Krankenversicherung lassen wir unsere Kunden in nahezu allen Fällen die Krankenakte anfordern. Denn so bist du auf der sicheren Seite und musst im Leistungsfall nicht bangen, dass die Versicherung wegen falscher Gesundheitsangaben nicht leistet.
Bitte beachte: Auch wenn du von einer Vorerkrankungen nichts gewusst hast bzw. dich nicht mehr erinnern konntest, kann die Versicherung im Falle einer Berufsunfähigkeit die Leistung im schlimmsten Fall verweigern.
Deshalb solltest du deinen Antrag für eine BU-Versicherung nicht selbst stellen
Wenn du dir unsicher sein solltest, ob du mit deiner psychischen Behandlung oder Krankheit in eine Berufsunfähigkeitsversicherung aufgenommen wirst, kannst du natürlich auf gut Glück deinen Antrag stellen. Hierbei gibt es leider ein großes Problem, was vielen nicht bewusst ist.
Wahrscheinlich denkst du dir. Sollte der Antrag von der ersten Versicherung abgelehnt werden, kann ich ja einfach einen Antrag bei einer anderen Versicherung stellen. Allerdings fragen die Versicherer im Antrag nach, ob ein Antrag auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung bereits abgelehnt wurde.
Sollte man diese Frage mit Ja beantworten, gehen bei der Risikoprüfern der Versicherung die Alarmglocken an und die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Ablehnung steigt. Ein ziemlicher Teufelskreis.
Versicherer informieren sich untereinander
Die Ablehnung einfach nicht anzugeben, funktioniert auch nicht. Denn Versicherer informieren sich untereinander. Das Hinweis- und Informationssystem der Versicherungswirtschaft (HIS) ermöglicht es verschiedenen Versicherungsgesellschaften sich untereinander über Kunden bzw. Antragsteller zu informieren.
Sollte also der Antrag für eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgelehnt worden sein, wird dies im HIS erfasst und andere Versicherungsgesellschaften können auf diese Information zugreifen, sollte man einen Antrag bei einer anderen Gesellschaft stellen. Dadurch sinkt das Risiko, eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu erhalten, enorm (Hinweis: mittlerweile arbeiten nicht mehr alle BU-Versicherer mit dem HIS zusammen).
Geheimwaffe: Anonyme Risikovoranfrage
Als Versicherungsmakler können wir eine sogenannte anonyme Risikovoranfrage an viele verschiedene BU-Versicherer schicken. Hier werden alle Gesundheitsdaten 100% anonym an die für dich relevanten Versicherer geschickt. Diese prüfen dann, ob man mit dem bestehenden Gesundheitszustand bzw. der psychischen Behandlung eine BU-Versicherung bei der jeweiligen Gesellschaft abschließen kann.
Hierbei werden von den Versicherungsgesellschaften keine Daten im HIS gespeichert. Da viele Versicherer angefragt werden, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Annahme für eine BU-Versicherung um ein Vielfaches. Und selbst wenn aktuell keine BU-Versicherung möglich ist, musst du in ein paar Jahren nicht befürchten, dass dir die Prüfung aus der Vergangenheit auf die Füße fällt.
Meine Psychotherapie liegt drei Jahre zurück, muss ich das in meinem Antrag trotzdem angeben?
Je nach Versicherer unterscheiden sich die Abfragezeiträume für psychische Erkrankungen bzw. deren Behandlungen. Es gibt Versicherer, die nur die letzten 3 Jahre wissen wollen, bis hin zu Versicherungen, welche die letzten 10 Jahre abfragen. Hier empfehlen wir dir, dich am besten von einem unserer Berater unterstützen zu lassen, da es hier je nach Gesellschaft große Unterschiede gibt.
Auch wenn du dich in Therapie befunden hast und die psychische Erkrankung bzw. Behandlung noch nicht verjährt ist und du diese deshalb bei der Versicherung angeben musst, gibt es verschiedene Möglichkeiten, trotzdem eine normale Berufsunfähigkeitsversicherung ohne Ausschluss abzuschließen.
Wenn du jedoch aktuell in Behandlung bist oder es eine unbehandelte bzw. nicht abschließend behandelte bestehende Erkrankung gibt, ist es in der Regel unmöglich, eine BU-Versicherung zu bekommen. In einem solchen Fall macht es auch wenig Sinn, einen Beratungstermin wahrzunehmen.
Besorge dir ein ärztliches Gutachten
Solltest du dich in einer Therapie befunden haben, fordern viele Versicherer ein Abschlussgutachten an. Diese ärztliche Untersuchung soll beweisen, dass man keine weitere psychologische Hilfe mehr benötigt und die Behandlung abgeschlossen ist. Zudem attestiert der Arzt, dass ein Rückfall nicht zu erwarten ist.
Eine solche positive Prognose vom Arzt erhöht deine Chancen um ein Vielfaches, trotz psychischer Behandlung eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen zu können.
Einmalige Psychotherapie z.B. aufgrund eines Trauerfalls
Auch wenn man sich z.B. wegen eines Todesfalls oder wegen einer anderen einmaligen Situation psychologische Hilfe geholt hat, ist dies nicht zwingend ein Grund für eine Ablehnung. Gerade in solchen Fällen lohnt es sich, dem Versicherer die Situation ganz genau zu schildern und im Detail prüfen zu lassen. In vielen Fällen gewährt die Versicherung danach eine normale Berufsunfähigkeitsversicherung ohne Ausschlüsse.
Manche Versicherer bieten Sonderaktionen an
Manchmal gibt es Versicherungen, die für eine bestimmte Berufsgruppe oder Altersgruppe eine Sonderaktion anbieten. Bei solchen Sonderaktionen werden vorwiegend vereinfachte Gesundheitsfragen gestellt. Hier kann die Psyche dann z.B. nur für einen verkürzten Zeitraum abgefragt werden.
Mein Antrag bzw. meine Risikovoranfrage wurde trotzdem abgelehnt, gibt es Alternativen?
Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist definitiv die erste Wahl bei der Arbeitskraftabsicherung. Wenn es jedoch aufgrund der psychischen Erkrankung nicht möglich ist, eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu bekommen, kannst du dich nach Alternativen umschauen. Hierbei ist es jedoch hin und wieder so, dass auch bei den Alternativen zur Berufsunfähigkeitsversicherung die psychische Erkrankung zu einer Ablehnung führt.
Nichtsdestotrotz ist es oftmals wahrscheinlicher, eine BU-Alternative zu bekommen als eine BU-Versicherung. Insbesondere die Grundfähigkeitsversicherung ist bei psychischen Vorerkrankungen häufig eine gute Alternative, da der Versicherungsschutz im Bereich Psyche geringer und dadurch auch die Gesundheitsfragen weniger umfangreich sind.
Alternativ kann man auch warten, bis der Abfragezeitraum für Fragen bezüglich der Psyche bei der Berufsunfähigkeitsversicherung abgelaufen ist und es dann nochmals probieren. In der Zwischenzeit solltest du dich aber im Optimalfall mit einer Alternative absichern, bis der Abschluss einer BU-Versicherung möglich ist.
Fazit zu Berufsunfähigkeitsversicherung Psychotherapie
Es gibt viele Möglichkeiten, trotz Psychotherapie eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen.
Da gerade in einem solchen Fall die richtige Vorgehensweise enorm wichtig ist, empfehlen wir das Ganze nur mit einem Experten anzugehen. Im Rahmen unserer kostenlosen & unverbindlichen Online-Beratung können unsere Berater u.a. Risikovoranfragen bei einer Vielzahl von Versicherern stellen, um den passenden Versicherungsschutz für dich zu finden. Zudem wissen unsere VMK-Experten immer über die aktuellen Sonderaktionen von Versicherern Bescheid, um möglicherweise über diesen Weg eine BU-Versicherung für dich zu finden.
Zur Wiederholung: Wichtig ist jedoch, dass es auch die geschilderten Fälle gibt, welche den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung unmöglich machen. Bei einer bestehenden psychischen Erkrankung, einer aktuellen Therapie oder einer schweren psychischen Erkrankung in der nahen Vergangenheit, ist in der Regel kein Versicherungsschutz möglich.
Macht eine Beratung zur Berufsunfähigkeitsversicherung für dich Sinn?
Um dir das Ganze noch einfacher zu machen, findest du hier 5 Fragen zu deiner psychischen Vorgeschichte. Falls du alle Fragen mit Nein beantworten kannst, sollte der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung kein Problem sein. Auch wenn du nur Frage 1 mit Ja und alle anderen Fragen mit Nein beantworten kannst, bekommst du in der Regel noch einen Versicherungsschutz. Falls du jedoch eine der Fragen 2 bis 5 mit Ja beantworten musst, ist ein Versicherungsschutz in der Regel nicht möglich.
- Frage 1: Hast du schon einmal Psychotherapie in Anspruch genommen?
- Frage 2: Hast du in den letzten 5 Jahren mehr als eine Therapie durchlaufen?
- Frage 3: Leidest du an einer Suchterkrankung? (z.B. Spielsucht, Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenmissbrauch)
- Frage 4: Warst du in den letzten 5 Jahren mehr als 30 Tage im Jahr wegen psychischer Beschwerden arbeitsunfähig?
- Frage 5: Gab es in den letzten 3 Jahren einen stationären Aufenthalt wegen psychischer Beschwerden? (z.B. Rehabilitations- oder Kureinrichtung, psychosomatische Klinik)