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Wann kann der Versicherer die BU kündigen?
In diesem Experten-Artikel beantworten wir die Frage, wann der Versicherer die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) kündigen kann.
💡Wichtige Infos auf einen Blick
- Wenn du dich stets korrekt verhältst, kann dir der BU-Versicherer in keinem Fall kündigen.
- Wenn du jedoch die Gesundheitsfragen falsch beantwortest, kann dir der Versicherer im schlimmsten Fall kündigen bzw. sogar den Vertrag anfechten.
- Auch wenn du die Beiträge nicht zahlst, ist eine Kündigung durch den Versicherer möglich.
- Solltest du nach einer Berufsunfähigkeit wieder arbeiten können, ist jedoch keine Kündigung durch den Versicherer möglich. Du kannst auch mehrfach berufsunfähig werden.
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Kündigung, weil die Gesundheitsfragen nicht korrekt beantwortet wurden
Falls Gesundheitsfragen im Antrag nicht korrekt beantwortet wurden, darf der Versicherer die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) kündigen.
Mehr noch – neben der Kündigung ist der Versicherer im schlimmsten Fall leistungsfrei und darf die bereits gezahlten Beiträge behalten.
Vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung
Das Ganze nennt sich vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung (§ 19 VVG) und wird in der Regel erst dann herauskommen, wenn ein Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente gestellt wird. Bei der normalen Antragsprüfung ist der Versicherer nämlich nicht verpflichtet, die Angaben in den Gesundheitsfragen auf Korrektheit zu überprüfen. Erst im Leistungsfall wird der Versicherer die Krankheitshistorie genauer nachprüfen.
Falls relevante Angaben im Antrag verschwiegen wurden, kann der Versicherer unter gewissen Umständen den Vertrag kündigen. Wie so oft im Versicherungsbereich gilt jedoch – es kommt darauf an. Zum einen wird die Schwere des Verschuldens bewertet (fahrlässig, grob fahrlässig, vorsätzlich oder arglistig) und zum anderen wird bewertet, ob ein kausaler Zusammenhang besteht. Schauen wir uns das Ganze also mal im Detail an.
Gesundheitsfragen fahrlässig falsch beantwortet
ℹ️ In einem solchen Fall kann der Versicherer nach nicht vom Vertrag zurücktreten (Rücktritt ist der schlimmste Fall – schlimmer als Kündigung, denn das bedeutet, der Vertrag hat quasi nie bestanden. Mehr dazu später.). Er kann den Vertrag jedoch kündigen (§ 19 (3) VVG). Aber auch nur dann, falls der Versicherer den Vertrag nicht auch abgeschlossen hätte, wenn er von den verschwiegenen Umständen gewusst hätte (§ 19 (4) VVG).
Mit einem Beispiel wird das Ganze mit Sicherheit etwas deutlicher: Die Berufsunfähigkeit tritt aufgrund einer Rückenerkrankung ein, welche der Versicherungsnehmer im Antrag fahrlässig verschwiegen hat. Der Versicherer hätte den Vertrag jedoch auch angenommen (zum Beispiel mit Risikozuschlag), wenn er von der Rückenerkrankung gewusst hätte.
In einem solchen Fall kann der Versicherer den Vertrag zu anderen Bedingungen fortführen – und zwar rückwirkend ab Vertragsbeginn. Das heißt, eine Berufsunfähigkeitsrente wird zwar ausgezahlt, aber der Versicherungsnehmer muss die Beiträge für den Risikozuschlag nachzahlen. Falls der Versicherer den Vertrag nur mit einem Leistungsausschluss für die Rückenerkrankung angenommen hätte, muss keine BU-Rente gezahlt werden, da diese Erkrankung rückwirkend ab Versicherungsbeginn nicht mitversichert ist.
Falls die Gesundheitsfragen unverschuldet falsch beantwortet wurden, kann der Versicherer den Vertrag nicht kündigen und auch keine rückwirkende Anpassung vornehmen. Er kann jedoch zukünftig zum Beispiel einen Risikozuschlag erheben.
Gesundheitsfragen grob fahrlässig falsch beantwortet
ℹ️ Falls Gesundheitsangaben grob fahrlässig falsch beantwortet wurden, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten (§ 19 (2) VVG). Ähnlich wie bei der fahrlässigen Falschbeantwortung kann der Versicherer jedoch nicht zurücktreten, wenn dieser den Vertrag zu anderen Bedingungen angenommen hätte, wenn er von den Vorerkrankungen gewusst hätte. Er kann den Vertrag dann auch nicht kündigen, sondern nur (rückwirkend) anpassen (§ 19 (4) VVG).
Wie bereits beschrieben, wird neben der Schwere des Verschuldens auch der kausale Zusammenhang bewertet. Sollte zum Beispiel bereits der Leistungsfall eingetreten sein, ist es möglich, dass der Versicherer vom Vertrag zurücktritt, aber trotzdem weiter leisten muss. Nämlich dann, wenn zwischen der verschwiegenen Erkrankung und dem Grund für die Berufsunfähigkeit kein kausaler Zusammenhang besteht.
Gesundheitsfragen vorsätzlich bzw. arglistig falsch beantwortet
Der schlimmste Fall tritt ein, wenn die Gesundheitsfragen vorsätzlich bzw. arglistig falsch beantwortet wurden. Zunächst einmal müssen wir den Unterschied zwischen Vorsatz und Arglist erklären. Vorsatz liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer eine Erkrankung nicht angibt, weil er davon ausgeht, dass diese irrelevant ist. Arglist hingegen liegt vor, wenn er weiß, dass der Risikoprüfer der Versicherung für diese Erkrankung einen Risikozuschlag berechnet und diese Erkrankung deshalb nicht angibt. Im Gegensatz zum Vorsatz muss die Arglist vom Versicherer bewiesen werden.
Arglist hat im Gegensatz zum Vorsatz die Folge, dass der Versicherer den Vertrag anfechten kann. Dadurch erlischt der Vertrag von Beginn und der Versicherer ist in jedem Fall leistungsfrei. Auch wenn die verschwiegene Angabe in keinem Zusammenhang mit der Berufsunfähigkeit steht. Bei Vorsatz besteht in einem solchen Fall trotz Rücktritt des Versicherers Versicherungsschutz.
Warum ist eine Kündigung besser als ein Rücktritt?
Kündigung und Rücktritt klingt beides nicht gut – ist es auch nicht. Aber ein Rücktritt ist schlimmer, weil hier der Vertrag ab Beginn aufgehoben wird. Demnach müssen unter Umständen auch bereits erhaltene Leistungen zurückgezahlt werden.
Falls der Vertrag lediglich gekündigt wurde, müssen bereits gezahlte Leistungen nicht zurückgezahlt werden. Auch ist es möglich, dass der Versicherer für den aktuellen Fall weiterhin die BU-Rente zahlen muss.
Noch besser ist es natürlich, wenn die Gesundheitsfragen zu 100% korrekt beantwortet wurden.
Bei korrekter Beantwortung der Gesundheitsfragen ist der Versicherer in der Pflicht
Solltest du die Gesundheitsfragen korrekt beantwortet haben, bist du in jedem Fall auf der sicheren Seite. Das gilt auch, wenn der Versicherer einen Fehler macht und zum Beispiel Vorerkrankungen falsch oder gar nicht bewertet. Um keine Fehler zu machen, solltest du eine Berufsunfähigkeitsversicherung stets mit einem Experten beantragen. Falls du noch auf der Suche nach einem kompetenten Ansprechpartner bist, kannst du dir gerne einen Termin zu unserer kostenlosen & unverbindlichen Online-Beratung buchen.
Verjährung
Sollte es doch – warum auch immer – zu falschen Gesundheitsangaben gekommen sein, sieht § 21 VVG (3) eine Verjährung von 5 bzw. 10 Jahren vor. So verjähren fahrlässige bzw. grob fahrlässige Falschangaben nach 5 und vorsätzliche und arglistige Falschangaben nach 10 Jahren.
Was in diesem Abschnitt für Gesundheitsangaben gilt, gilt selbstverständlich auch für andere Umstände wie zum Beispiel gefährliche Hobbys. Auch haben wir bewusst keine Beispiele für die Schwere des Verschuldens gegeben (fahrlässig, grob fahrlässig, etc.), da es sich hier stets um Einzelfallentscheidungen (ggf. auch vor Gericht) handelt.
Das Gleiche gilt übrigens auch für die Gesundheitsfragen in der PKV.
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