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fairriester gescheitert? Kunden von fairriester sind schockiert!
Am 12.03.2020 hat fairriester alle seine Aktien-ETFs und Aktienfonds verkauft. Das Geld der Anleger wurde auf einem Verrechnungskonto geparkt und befindet sich aktuell im so genannten „Cash-Lock“. Zu Recht sind viele Riester-Sparer, die vor allem wegen der hohen Aktienquote auf fairriester gesetzt hatten, mehr als schockiert. Das Hauptargument von fairr – die hohe Aktienquote – hat sich somit komplett umgekehrt und die Anleger sind nun überhaupt nicht mehr investiert. Dabei wäre es genau in der aktuellen Marktphase clever, neue Anteile am Aktienmarkt zu kaufen. Auch das Verbraucherportal Finanztip, welches fairriester sehr stark beworben hat, empfiehlt mittlerweile, dass man dort keinen neuen Vertrag mehr abschließen sollte. Was genau im Detail passiert ist und was du als Betroffener nun tun solltest, erfährst du in diesem Experten-Artikel.
Hinweis: Die Marke fairriester gibt es seit 2020 nicht mehr. Der Eigentümer Raisin betreibt unter der Marke weltsparen by raisin pension nur noch eine ETF Rürup Rente. Das Produkt ETF Riester Rente wird von weltsparen by raisin pension für Neukunden nicht mehr angeboten. Es gibt jedoch immer noch Bestandskunden. Der Artikel ist zwar schon älter, zeigt aber immer noch, warum solche Konstrukte mit Vorsicht zu genießen sind.
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Was genau ist passiert bei fairriester?
Um zu verstehen, was genau bei fairriester eigentlich passiert ist, muss erstmal erklärt werden, wie fairriester überhaupt funktioniert und welche „Beteiligten“ es hier gibt.
Wie funktioniert fairriester?
Viele denken, dass es sich bei fairr selbst um einen Versicherer oder eine Bank handelt. Dem ist aber nicht so. fairr an sich tritt nur als Vermittler auf und vermittelt Produkte der Sutor Bank. Dies kannst du im Impressum von fairr nachlesen. Somit ist es auch die Sutor Bank, die das Geld der Anleger verwaltet. Dazu gleich mehr.
In der Rentenphase, sprich der Auszahlungsphase, kommt dann die mylife Versicherung ins Spiel. Denn bei einer Riester Rente braucht es immer einen Versicherer. IMMER! Im Falle von sogenannten Riester-Fondssparplänen (zum Beispiel auch DWS, Union Investment und Deka), wie diese eben auch von fairr vermittelt werden, liegt das Geld allerdings nicht von Anfang an bei einem Versicherer – was cleverer gewesen wäre. Aber auch dazu später mehr.
Schon im Zuge der Finanzkrise, 2009, war bei anderen Riester Fondssparplänen, etwa bei DWS und Union Investment, Geld nahe an Börsentiefstständen von Aktien in Anleihen umgeschichtet worden. Auch hier war der Grund die Beitragsgarantie. Die Anbieter hatten Sorge, den garantierten Beitragserhalt sonst nicht sicherstellen zu können.
Beitragsgarantie ist das Problem bei fairriester
Wie bei jedem Riester-Vertrag müssen auch die von fairr vermittelten Riester-Fondssparpläne die gesetzlich vorgegebene Beitragsgarantie einhalten. Dies bedeutet, dass dem Riester-Sparer zu Rentenbeginn mindestens die eingezahlten Beiträge und die erhaltenen Zulagen zur Verfügung stehen müssen. Und genau hier kippt dann das Modell von fairr bzw. der Sutor Bank, da ein zu großer Teil in Aktien/ETFs investiert wurde. Auch eine Umschichtung in Anleihen war aufgrund der großen Schwankungen nicht möglich.
Am 12.03.2020 hat die Sutor Bank alle Aktienfonds/Aktien-ETFs verkauft und das Geld der Anleger liegt seitdem auf einem Verrechnungskonto, also in Cash. Erst am 20.03.2020 wurden die Anleger schriftlich über diesen Vorgang informiert. Hat man sich vorher in sein Riester-Konto eingeloggt, hat man die Info dort schon früher bekommen.
Kunden von fairriester sind mehr als empört. Verständlicherweise. Hatten sie wahrscheinlich in vielen Fällen die Hoffnung, dass gerade jetzt in der Krise ihr Riester-Vertrag an den Börsen günstig Anteile kaufen wird.
Warum hat fairriester die Aktien/ETFs verkauft?
Nun stellt sich natürlich die drängende Frage, warum fairr bzw. die Sutor Bank die kompletten Aktienfonds verkauft hat? Auf den ersten Blick erscheint dies nicht nur wenig sinnvoll, sondern sogar komplett irrational, da für viele Anleger hier zu äußerst ungünstigen Bedingungen die Anteile verkauft wurden.
Zwar gibt fairr auf der eigenen Internetseite an, dass es keine Verluste für Anleger geben würde, da es ja die Beitragsgarantie gibt und dass die Kurse ja nach dem 12.03.2020 weiter gefallen sind, aber das ist in meinen Augen nur clevere Augenwischerei. Natürlich gab es Verluste in dem Sinne, dass man langfristig wahrscheinlich besser gefahren wäre, wenn man weiter in den Aktienfonds/Aktien-ETFs investiert geblieben wäre.
fairr hat sich verkalkuliert
Warum genau hat nun aber das Fonds-Management der Sutor Bank alle Anteile an Fonds, etc. verkauft? Der Grund liegt vor allem in der gesetzlich vorgeschriebenen Beitragsgarantie (plus erhaltene Zulagen), welche alle Riester-Anbieter erfüllen müssen. Dabei ist es egal, ob es sich um eine Riester-Rentenversicherung, einen Riester-Banksparplan oder eben einen Riester-Fondssparplan handelt.
Hat nun ein Riester-Anbieter – wie die Sutor Bank – einen großen Teil des Riester-Guthabens in Aktien angelegt, muss der Anbieter – in Bezug auf die gesetzlich vorgeschriebenen Garantien – sehr genau und vorausschauend kalkulieren. Er muss auch sicherstellen, dass eventuelle Verluste am Aktienmarkt bis zum Rentenbeginn wieder aufgeholt werden können. Hier wird dann kalkuliert, wie man mit sicheren Zinssätzen die Verluste wieder ausgleichen kann.
Und weil genau dies nicht mehr möglich war, hat die Sutor Bank die Reißleine gezogen und alle Aktien/Fonds/ETFs verkauft. Andernfalls hätte die Garantie der Beiträge und Zulagen nicht mehr sichergestellt werden können.
An der Stelle zitiere ich fairriester von deren Website:
Als Folge konnte das Verhältnis von Kundenportfolios zu den abgezinsten Verpflichtungen aus der Beitragsgarantie im Rahmen des Risikomanagements nicht mehr verlässlich berechnet werden. Der Anlageausschuss der Sutor Bank hat aus diesem Grund zugunsten einer stabilen Risikobewertung entschieden, in Liquidität umzuschichten. Alle Aktienfonds und Aktien-ETFs wurden am 12. März 2020 verkauft und der Gegenwert wird seitdem in Liquidität gehalten.
Quelle: https://www.fairr.de/produkte/fairriester/umschichtung
Anders ausgedrückt könnte man auch schreiben, dass die – im Marktvergleich recht kleine – Sutor Bank nicht in der Lage ist, die Schwankungen am Aktienmarkt anderweitig auszugleichen, um weiterhin die Garantien der Sparer abbilden zu können. Bei einem guten Versicherer würde dies tatsächlich anders aussehen. Mehr dazu im weiteren Verlauf.
Wird fairriester wieder in Aktien/ETFs investieren?
Wann und ob fairr wieder in Aktien und ETFs investieren wird, bleibt fraglich. Auf der Website von fairr findet sich dazu folgende Aussage:
Eine Wiederanlage ist wahrscheinlich, sobald die Schwankungen der Berechnungsgrundlagen (vor allem der Zinsen) abgenommen haben und wieder eine tragfähige Risikomodellierung ermöglichen. Zu welchem Zeitpunkt das der Fall ist, kann in der aktuellen Situation noch nicht abgeschätzt werden.
Quelle: https://www.fairr.de/produkte/fairriester/umschichtung
Dies bedeutet, dass nicht ausgeschlossen ist, dass wieder in Aktien und Co. investiert wird, aber es vollkommen unklar ist, wann dies der Fall sein wird. Dazu muss man auch davon ausgehen, dass die Anleger von fairr von einem Aufschwung am Markt nicht oder wenn, dann nur teilweise profitieren werden, da ja erst wieder investiert werden soll, wenn „die Schwankungen“ abgenommen haben. Wie genau „Schwankungen“ definiert sind, bleibt ein Rätsel.
Was sollten Kunden von fairriester jetzt tun?
Aus meiner Sicht und auch der Sicht von Finanztip widerspricht das Vorgehen der Sutor Bank komplett dem eigentlichen Grundgedanken hinter dem Konzept von fairriester: Langer Anlagehorizont, passives Investieren und Buy & Hold. Diesem Ansatz wurde nun exakt entgegengesetzt gehandelt. Krise hin oder her, man hätte die Aktienfonds nicht verkaufen dürfen. Da die Sutor Bank allerdings dazu gezwungen war, dies zu tun, führt dies in meinen Augen nur zu einem gültigen Fazit.
fairriester ist gescheitert
Das angepriesene Konzept von fairriester ist gescheitert und als Anleger kann man sich vor allem langfristig nicht darauf verlassen, dass dies in der nächsten Krise nicht wieder passieren wird.
Meine und unsere Empfehlung ist es – vor allem im Hinblick auf den sehr langen Anlagehorizont der meisten Riester-Sparer – den Wechsel des Riester-Anbieters in Betracht zu ziehen.
Dies ist zum Glück möglich bei Riester-Verträgen. Das heißt, du kannst dein komplettes Kapital zu einem neuen Riester-Anbieter übertragen. Und zwar einem Anbieter, der finanzstärker ist, ebenfalls in ETFs investieren kann, aber auch jetzt in der Krise nicht im „Cash-Lock“ ist, sondern weiter investiert ist in den Aktienmärkten.
Und ja, diese Anbieter gibt es. Sie kosten ein wenig mehr, korrekt. Aber nie hatte der Satz von Warren Buffett – „Preis ist, was du bezahlst. Wert ist, was du bekommst.“ – eine größere Relevanz gehabt als in solch einem Szenario.