Viele Menschen sind mit Ende 50 oder Anfang 60 gesundheitlich nicht mehr in der Lage, ihren Beruf wie gewohnt auszuüben. Die reguläre Rente liegt jedoch noch einige Jahre in der Zukunft. In diesem Experten-Artikel erklären wir dir, wie du wegen Krankheit früher in Rente gehen kannst.

Wichtige Infos auf einen Blick

  • Der früheste Renteneintritt ist in der Regel mit 63 bzw. mit 62 Jahren für schwerbehinderte Menschen möglich. Dann musst du jedoch mit einem Abschlag von 14,4 bzw. 10,8% rechnen.
  • Um wegen Krankheit noch früher in Rente zu gehen, gibt es zwei Möglichkeiten.
  • Einerseits hast du ab 58 Jahren einen Anspruch auf bis zu 24 Monate Arbeitslosengeld 1.
  • Andererseits hast du bei Krankheit einen Anspruch auf bis zu 1,5 Jahre Krankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse.
  • Somit kannst du im Optimalfall bis zu 3,5 Jahre bis zur Rente überbrücken und noch vor dem vollendeten 60. Lebensjahr aufhören zu arbeiten.
  • Wenn du alle Möglichkeiten nutzt, musst du jedoch mit einer deutlich geringeren Rente rechnen.
  • Auch mit einer Erwerbsminderungsrente kann man wegen Krankheit früher in Rente gehen. Doch ein Großteil erfüllt die Voraussetzungen dafür nicht.

Auch im Video: Früher in Rente gehen wegen Krankheit

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Früher in Rente gehen ab 63 aber mit 14,4% Abschlag

Die Rente für langjährig Versicherte mit mindestens 35 Beitragsjahren ist unabhängig vom Geburtsjahr frühestens ab dem Alter von 63 Jahren möglich. Allerdings musst du dann einen Abschlag von bis zu 14,4% in Kauf nehmen.

Einen früheren Renteneintritt kannst du nur erreichen, wenn du einen Grad der Behinderung von mindestens 50% hast. In diesem Fall und mit 35 erfüllten Beitragsjahren kannst du in der Regel bereits mit 62 Jahren in Rente gehen, jedoch mit einem Abschlag von 10,8%.

Personen, die vor 1964 geboren wurden, können sogar noch ein paar Monate früher in Rente gehen.

Regelfall: Frührente mit 63 bzw. 62 für schwerbehinderte Menschen

Wir nehmen jedoch als Standard die Altersgrenze von 62 Jahren für schwerbehinderte Menschen und 63 Jahren für alle anderen an. Doch was tun, wenn es schon mit Ende 50 oder Anfang 60 gesundheitlich nicht mehr möglich ist zu arbeiten? Welche Optionen hast du, um diese Zeit bis zur Rente zu überbrücken?

Früher in Rente gehen wegen Krankheit: Arbeitslosengeld 1

Beginnen wir mit dem Thema Arbeitslosigkeit. Wenn du 58 Jahre oder älter bist, hast du grundsätzlich Anspruch auf bis zu 24 Monate Arbeitslosengeld 1, vorausgesetzt, du hast in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Arbeitslosigkeit mindestens 4 Jahre gearbeitet.

Anspruch auf Arbeitslosengeld 1 wird in vielen Fällen gekürzt

Die vollen 24 Monate Arbeitslosengeld 1 erhältst du jedoch nur unter optimalen Bedingungen, zum Beispiel wenn du vom Arbeitgeber gekündigt wurdest oder dein Unternehmen insolvent gegangen ist.

Solltest du selbst kündigen oder einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, tritt eine Sperrzeit von 3 Monaten ein, in der keine Zahlung erfolgt. Zudem wird dein Anspruch um weitere 3 Monate gekürzt, was bedeutet, dass du in dieser Situation nur 18 Monate Arbeitslosengeld 1 erhältst.

Tipp: Wenn in deinem Aufhebungsvertrag eindeutig drin steht, dass die Aufhebung aus gesundheitlichen Gründen erfolgt ist, gibt es von der Agentur für Arbeit in der Regel keine Sperre.

Keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung während der Sperrzeit

Während der Sperrzeit werden im Gegensatz zur Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes 1 auch keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet, was sich später negativ auf deine Rentenhöhe auswirkt.

Du musst dich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen

Außerdem ist es wichtig zu beachten, dass für den Erhalt des Arbeitslosengeldes 1 die Voraussetzung besteht, dass du dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehst.

Das bedeutet, selbst in höherem Alter wirst du weiterhin Termine bei der Agentur für Arbeit wahrnehmen müssen, was den Prozess weniger entspannt gestaltet. Ausführliche Informationen zur Arbeitslosigkeit vor der Rente findest du im verlinkten Artikel.

Doch selbst wenn die 24 Monate Arbeitslosengeld 1 in der Theorie und 18 Monate in der Praxis erreicht sind, ist damit noch nicht das Ende der Möglichkeiten erreicht.

Früher in Rente gehen wegen Krankheit: Krankengeld

Vor einer Phase der Arbeitslosigkeit tritt häufig eine Phase der Arbeitsunfähigkeit ein. Zur Erinnerung: Dieser Artikel richtet sich vor allem an Menschen, die aufgrund (chronischer) Erkrankungen nicht mehr in der Lage sind, ihren Beruf wie gewohnt auszuüben.

Bis zu 72 Wochen Krankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse

Nach einer sechswöchigen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber greift das Krankengeld der gesetzlichen Krankenkasse, welches maximal für weitere 72 Wochen gezahlt wird – also etwa 1,5 Jahre. Das Krankengeld beträgt 70% des Bruttoeinkommens, jedoch maximal 90% des Nettoeinkommens.

Leistungslücke mit privater Krankentagegeldversicherung schließen

Um diese Einkommenslücke auszugleichen, könntest du eine private Krankentagegeldversicherung abschließen. Wichtig dabei: Ein solcher Abschluss ist nicht mehr möglich, wenn du bereits erkrankt oder arbeitsunfähig bist.

Einkommenslücke für die meisten Menschen

In den meisten Fällen müssen Menschen in dieser 1,5-jährigen Phase mit einer Einkommenslücke leben. Positiv ist jedoch, dass in dieser Zeit weiterhin Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden, allerdings in reduzierter Höhe, da sich das Krankengeld nur auf 70% des Bruttoeinkommens beläuft.

Nach Ablauf dieser 1,5 Jahre wirst du „ausgesteuert“, was bedeutet, dass nun die Agentur für Arbeit für dich zuständig ist – auch wenn du weiterhin einen Arbeitsvertrag hast.

Im besten Fall kannst du dann für weitere 2 Jahre Arbeitslosengeld 1 beziehen, was bedeutet, dass du insgesamt bis zu 3,5 Jahre überbrücken könntest, bis du in die Rente gehen kannst.

Was passiert, wenn die Krankheit erst während der Arbeitslosigkeit eintritt?

Aber was passiert, wenn du erst während des Bezugs von Arbeitslosengeld 1 arbeitsunfähig wirst? In diesem Fall hast du ebenfalls Anspruch auf bis zu 1,5 Jahre Krankengeld, wobei die Höhe dem bisherigen Arbeitslosengeld entspricht.

Während dieser Zeit ruht dein Anspruch auf Arbeitslosengeld 1, sodass auch in dieser Situation ein Überbrückungszeitraum von bis zu 3,5 Jahren möglich ist.

Früher in Rente gehen wegen Krankheit: Diese Probleme treten in der Praxis auf

Soweit zur Theorie – in der Praxis gestaltet sich die Situation jedoch meist deutlich schwieriger, wie du dir wahrscheinlich schon gedacht hast. Die bereits erwähnten Herausforderungen beim Bezug von Arbeitslosengeld 1 sind nur ein Teil des Problems.

Krankenkasse wird regelmäßig prüfen, ob du noch arbeitsunfähig bist

Auch beim Krankengeldbezug kann es zu Komplikationen kommen. Dieses wird nämlich nur dann gezahlt, wenn du tatsächlich arbeitsunfähig bist, und die gesetzliche Krankenkasse wird dies regelmäßig überprüfen, darauf kannst du dich verlassen.

Rente wird deutlich geringer ausfallen

Selbst wenn alles reibungslos verläuft, solltest du dir darüber im Klaren sein, dass deine spätere Rente erheblich geringer ausfallen wird. Das liegt zum einen an der Zeit, in der du Krankengeld bezogen hast, sowie der Sperrzeit beim Arbeitslosengeld 1. Zum anderen wirst du wahrscheinlich eine Altersrente mit Abschlägen ab 62 Jahren als schwerbehinderter Mensch oder ab 63 Jahren in Anspruch nehmen müssen.

Früher in Rente gehen wegen Krankheit ist häufig der letzte Ausweg

Diese Auswirkungen auf deine Rente solltest du in jedem Fall berücksichtigen, auch wenn viele Menschen wahrscheinlich keine andere Wahl haben und diese Nachteile in Kauf nehmen müssen, weil sie schlichtweg nicht mehr arbeiten können.

Daher ist es besonders wichtig, dass du dich umfassend über alle Möglichkeiten informierst und beraten lässt.

Neben der Beratung durch die Deutsche Rentenversicherung steht dir auch ein unabhängiger Rentenberater zur Verfügung. Solche Berater findest du beispielsweise auf der Website des Bundesverbands der Rentenberater e.V., welche wir dir hier verlinkt haben.

Wegen Krankheit früher in Rente gehen: Erwerbsminderungsrente

Auch wenn in vielen anderen Artikeln zum Thema „Früher in Rente gehen wegen Krankheit“ die Erwerbsminderungsrente die Hauptrolle spielt, haben wir diese bewusst an das Ende unseres Artikels gestellt.

Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente

Der Grund ist einfach, aber auch bitter. Es ist wirklich schwer, überhaupt eine Erwerbsminderungsrente vom Staat zu erhalten. Dabei sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch vergleichsweise einfach zu erreichen.

In den meisten Fällen scheitert es an den medizinischen Voraussetzungen. Denn eine Erwerbsminderungsrente wird nur gezahlt, wenn du wegen Krankheit oder Behinderung nicht mehr mindestens 6 Stunden pro Tag in irgendeinem Job arbeiten kannst (teilweise Erwerbsminderungsrente). Für die volle Erwerbsminderungsrente liegt die Grenze sogar bei nur noch 0 bis 3 Stunden pro Tag.

Im Jahr 2021 wurden übrigens 50% der Anträge auf Erwerbsminderungsrente abgelehnt.

Höhe der Erwerbsminderungsrente

Und selbst wenn die Erwerbsminderungsrente bewilligt wird, wird diese Leistung niemals reichen, um den bisherigen Lebensstandard zu halten. Die Höhe bei der vollen Erwerbsminderungsrente liegt nämlich bei nur ca. 30 bis 40% deines letzten Bruttoeinkommens (die Hälfte davon bei der teilweisen Erwerbsminderungsrente).

Beim Thema „Früher in Rente gehen wegen Krankheit“ solltest du dich daher auf das Arbeitslosengeld 1 und das Krankengeld fokussieren, wenn die Zeit bis zur Rente absehbar ist.

Auch im Video: Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente

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Über den Autor

Tobias Weßler
Chief Content Manager