Im Werben um Fachkräfte bieten immer mehr Arbeitgeber ihren Angestellten eine betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung an. Hierbei wird eine BU-Versicherung als separater Vertrag oder als Zusatz z.B. zu einer betrieblichen Altersvorsorge abgeschlossen.
Ob eine betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll ist und worauf man unbedingt achten muss, erklären wir in diesem Experten-Artikel.
Inhaltsübersicht
- Wieso ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung überhaupt sinnvoll?
- Wie funktioniert eine betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung?
- Vorteile einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung
- Nachteile einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung
- Was passiert bei einem Arbeitgeberwechsel?
- Fazit zur betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung
Wieso ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung überhaupt sinnvoll?
Im Laufe seines Lebens wird jeder 4. Deutsche zeitweise oder dauerhaft berufsunfähig. Hierbei ist es egal, ob die Berufsunfähigkeit durch einen Unfall, Probleme mit der Psyche oder plötzliche Erkrankungen wie Krebs entsteht. Da dadurch schnell finanzielle Probleme entstehen können, ist es sinnvoll, seine Arbeitskraft dagegen mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung abzusichern.
Wie funktioniert eine betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung?
Der Arbeitgeber handelt bei einer Versicherungsgesellschaft einen Gruppenvertrag für eine Berufsunfähigkeitsversicherung und die dazugehörigen Konditionen aus. Als Arbeitnehmer kann man je nach Vertrag eine selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung als Zusatzversicherung zu einer betrieblichen Altersvorsorge (bAV) abschließen.
Bei einer Zusatzversicherung im bAV-Vertrag gibt es zwei Möglichkeiten im Falle einer Berufsunfähigkeit:
- Der Beitrag zur bAV wird ausgesetzt und von der Versicherungsgesellschaft selbst weiter gezahlt. Dadurch stellt man sicher, dass man, auch wenn man bereits früh berufsunfähig geworden ist, trotzdem im Alter eine gute Rente hat.
- Die Versicherung zahlt neben den Beiträgen der bAV auch eine BU-Rente.
Vorteile einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung
Zuschuss vom Arbeitgeber
Der Arbeitgeber bezuschusst die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung mit mindestens 15% (Entgeltumwandlung). Eine Grenze für die Bezuschussung gibt es nicht. Der Arbeitgeber kann 50% (Mischfinanzierung) oder sogar 100% der Beiträge (Arbeitgeberfinanzierung) für die BU-Versicherung zahlen.
Beitrag vom Brutto statt vom Nettogehalt
Falls der Arbeitnehmer die Beiträge über eine Entgeltumwandlung bezahlt, wird der Beitrag vom Brutto- statt vom Nettogehalt abgezogen. Das heißt, dass man sich als Arbeitnehmer Steuern und Sozialabgaben spart.
Mengenrabatt möglich
Da der Arbeitgeber für mehrere Mitarbeiter eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt, kann es je nach Gesellschaft sein, dass ein (kleiner) Rabatt gewährt wird, den es bei einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung nicht geben würde.
Vereinfachte Gesundheitsfragen
Einer der größten Vorteile in einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung sind die meist reduzierten Gesundheitsfragen. Je nach Arbeitgeber werden nur ein paar Fragen gestellt oder es wird für den Abschluss eine Dienstobliegenheitserklärung verlangt.
Bei einer Dienstobliegenheitserklärung bestätigen man der Versicherungsgesellschaft als Arbeitnehmer, dass man zurzeit arbeitsfähig ist und weder behindert noch über einen längeren Zeitraum krank war, bzw. es plant. Zudem wird gefragt, ob ein Verfahren auf Berufsunfähigkeit zurzeit läuft.
Gerade für Menschen mit Vorerkrankungen, die es schwer haben eine private Berufsunfähigkeitsversicherung zu bekommen, wird es hier deutlich einfacher gemacht einen Versicherungsschutz zu bekommen.
Nachteile einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung
BU-Rente wird voll versteuert
Im Vergleich zur privaten BU-Rente, welche nur mit dem sogenannte Ertragsanteil besteuert wird und man weniger Steuern zahlen muss, wird bei der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung 100% der Rente versteuert. Das liegt daran, dass man in der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung einen Steuervorteil in der Ansparphase hat, da der Beitrag vom Bruttolohn bezahlt wird und in der privaten BU-Versicherung nicht.
Versicherer, Tarif und Bedingungen werden vom Arbeitgeber ausgesucht
Bei einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung muss man nehmen, was man bekommt. Eigene Wünsche können nicht berücksichtigt werden, da der Tarif und die Bedingungen komplett vom Arbeitgeber ausgehandelt werden. Trotzdem sollte man vor dem Abschluss darauf achten, dass bestimmte Punkte in einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung vorhanden sind.
Diese Punkte sollten unbedingt in einer guten BU-Versicherung vorhanden sein:
- Laufzeit bis zum 67. Lebensjahr
- Beitragsdynamik für den Inflationsausgleich
- Nachversicherungsgarantien (Erhöhung der BU-Rente ohne erneute Gesundheitsprüfung bei bestimmten Ereignissen wie z.B. Hochzeit und Gehaltserhöhung)
- Klausel zum Verzicht auf abstrakte Verweisung
- keine Karenzzeit im Leistungsfall und rückwirkende Leistungen ab dem ersten Tag der Berufsunfähigkeit
Der Arbeitgeber ist Versicherungsnehmer
Der Versicherungsnehmer muss Leistungen gegenüber der Versicherung geltend machen. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber und nicht der Arbeitnehmer die Leistungen im Falle einer Berufsunfähigkeit geltend machen muss. Da es einige Arbeitgeber gibt, die im Falle einer längeren Krankheit oder einer Berufsunfähigkeit dem Arbeitnehmer kündigen, kann die Beantragung der BU-Rente ein langwieriger Prozess werden.
Transparenz der Gesundheitsdaten
Wenn man als Arbeitnehmer Gesundheitsfragen beantworten muss, kann der Arbeitgeber auf die Gesundheitsdaten Einsicht haben.
Jeder zahlt denselben Beitrag
Da es sich bei einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung um einen Gruppentarif handelt und jeder Arbeitnehmer einen einheitlichen Beitrag zahlt, ist der Beitrag zur betrieblichen BU-Versicherung im Vergleich zur privaten BU-Versicherung besonders für junge Menschen, aber auch kaum körperlich tätige Menschen meist teurer als der für ältere oder hart körperlich tätige Menschen.
Krankengeld und Elternzeit
Wenn man als Arbeitnehmer in Elternzeit geht oder Krankengeld erhält, also kein reguläres Gehalt vom Arbeitgeber bekommt, müssen alle Beiträge für die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung selbst übernommen werden.
Ausnahme: Man kann mit dem Arbeitgeber vereinbaren, dass in solchen Fällen der Arbeitgeber die Beiträge weiterhin bezahlt.
Was passiert bei einem Arbeitgeberwechsel?
Sollte man nach dem Abschluss einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung den Arbeitgeber wechseln, kann es zu mehreren Schwierigkeiten kommen.
BU-Versicherung zum neuen Arbeitgeber mitnehmen
Wenn man seine betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung zu seinem neuen Arbeitgeber mitnehmen möchte, kann es sein, dass der neue Arbeitgeber dies ablehnt. Wenn der neue Arbeitgeber z.B. eine eigene betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung hat, muss man diese neu abschließen und eventuelle Gesundheitsfragen beantworten.
BU-Versicherung privat weiterführen
Wenn man seinen BU-Vertrag privat weiterführen möchte (wenn das überhaupt möglich ist) muss man die Beiträge aus dem eigenen Nettogehalt bezahlen, wodurch die Steuer- und Sozialversicherungsvorteile entfallen. Aber auch eventuelle Rabatte, z.B. durch einen Gruppentarif, fallen weg.
In Bezug auf die Besteuerung der BU-Rente ist es dann in der Regel so, dass es zwei Töpfe gibt. Einmal den Teil der betrieblichen BU-Versicherung, welcher zu 100% besteuert wird und einmal den Teil der selbstständigen BU-Versicherung, welcher nur mit dem Ertragsanteil besteuert wird.
Fazit zur betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung
Es ist grundsätzlich nie verkehrt, seine Arbeitskraft abzusichern. Der Abschluss einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung ist nicht nur wegen der Ersparnisse bei den Steuern und den Sozialabgaben sinnvoll, sondern besonders durch die vereinfachten Gesundheitsfragen.
Sollte man gewisse Vorerkrankungen haben, mit denen man in keiner privaten BU-Versicherung angenommen wird, ist der Abschluss einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung ratsam.
Wenn man jedoch die Möglichkeit hat, eine gute private Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen, sollte man diese Option aufgrund der diversen Nachteile einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung präferieren.